Wenn einer ein Hotel bucht, oder auch nicht
- Gerald Schneider
- 2. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Jan. 2022
Am besten schläft es sich im eigenen Bett. Doch manchmal muss es eben woanders sein. Im Urlaub, in einem Hotel gleich hinter dem Strand, in der Großstadt, wo einen die Empfangshalle verschluckt und der Lift in Stockwerken ausspuckt, die überall auf der Welt gleich aussehen. Und dann gibt es da noch die Familienhotels. Liebevoll geführt vom Eigentümer, gerne mit Restaurant und eigener Metzgerei dabei. Hier riecht es nicht nach künstlichem Sandelholzraumspray. Hier grüßet auch noch zu Ostern aus irgendeiner Ecke ein von Weihnachten vergessener Nikolaus. Hier bezieht der Chef die Betten noch selbst.
Liebenswürdig, schnuckelig, heimelig, so etwas fällt einem ein, besonders wenn es raus geht aufs Land. Denn dort, in der Provinz, gibt es vor allem sie - die Hotels in Familienregie.
Auch dienstlich führt mich mein Weg immer wieder weg von den großen Zentren, wo die nicht minder große Politik zu Hause ist. Manchmal geht's eben auch raus - ins wahre Leben. Dorthin, wo die Leberwurst zur Frühstückssemmel nicht aus einem Alunäpfchen kommt.
So zieht es auch so manche Partei mehrfach im Jahr hinaus, weg vom Alltagstrott, weg von der Hauptstadthektik, weg aus dem politischen Elfenbeinturm, raus in die Provinz, um sich mal ungestört und ohne Ablenkung den Dingen widmen zu können. Besinnung, Vorbereitung, Einkehr, Klausur.
Das sind dann die Gelegenheiten, zu denen die Familienhotels ihre große Stunde haben. Denn was anderes gibt es in der Umgebung der einschlägigen Tagungsorte in der Regel ja nicht.
Aus Erfahrung habe ich inzwischen gelernt. Früher losfahren und mein erster Weg führt mich immer gleich zum Hotel. Einchecken und vor allem - Schlüssel holen. Denn man weiß nie, wann am Abend die letzten Hintergrundrunden auseinandergehen oder das gesellige Beisammensein bei irgendeinem Wirt dem Ende zu geht. Und Nachtportier? Hotels, die in der Regel zur Urlaubssaison Wanderer und Radfahrer beherbergen, brauchen so etwas nicht. Also, erst mal Schlüssel holen und extra Decke dabei haben. Warum? Wer schon mal eine Winternacht unter einer Sommerbettdecke verbringen musste, weiß, wovon ich rede. Im Winter ist in vielen dieser Hotels keine Saison.
Ein paar Kollegen erging es einmal anders. Hotel angerufen und spätere Ankunft vereinbart - also alles geregelt? Klar. Die Haustür ist offen, der Zimmerschlüssel liegt dann in einem mit Namen des Gastes versehenen Umschlag auf dem Tresen der Rezeption. So weit so klar. Als der Kollege dann spätabends gerne in sein Bett gefallen wäre - bleibt die Haustür verschlossen. Kein Rütteln, Rufen, Klingeln oder Klopfen hilft. Der Umschlag mit seinem Zimmerschlüssel liegt auf dem Tresen, das kann er von außen sehen. Aber der letzte rettende Meter hält mit der Haustür ein unüberwindliches Hindernis bereit. Was bleibt? Eine Januarnacht im Auto.

Ein weiterer Kollege bucht ein Hotel extra, weil es sein "kostenfreies WLAN im ganzen Haus" anpreist. Wichtig, wenn man noch was dringendes wegzuarbeiten hat. Denn ländlicher Raum und Netzabdeckung, das will noch immer nicht recht zusammen passen. Also, rauf aufs Zimmer, Laptop raus und nichts wie rein ins WLAN. Aber halt, welches denn? Der Suchlauf zeigt nur eines. Funklöcher. Aber weit und breit kein WLAN. Also, runter zur Rezeption. Dort kruscht noch der Chef irgendwo.
"Entschuldigung, wie komme ich denn hier ins WLAN."
"Immer dieses Scheiss WLAN. Jeder kommt zu mir und beschwert sich. Das Drecksding geht nicht!"
Achso, ja dann, dann geh ich mal wieder ... Am Ende des Ganges gab es dann doch Empfang. Bis in diese kleine Ecke reicht ein schwaches Funksignal vom nächstgelegenen Funkmasten.
Ein anderer Kollege sitzt mit im Arbeitsraum und ruft sein telefonisch gebuchtes Hotel an. Bis wann er denn am Abend da sein müsse, um seinen Schlüssel zu holen. Ja, er weiß, ohne solche Abmachungen kann's spät Abends schwer werden.
"Warum wollen Sie denn einen Schlüssel von uns?"
"Weil ich für drei Nächte ein Zimmer bei Ihnen gebucht habe."
"Nö, wir haben keine Buchung von Ihnen."
"Oh, aber ich hatte doch angerufe ... irgendein Zimmer vielleicht?"
"Nein, ausgebucht."
Klack, das Telefonat ist vorbei. Als der Kollege seine Contenance wieder erlangt, greift er abermals zum Telefon und machte sich auf, die Hotels in der Umgebung abzutelefonieren. Am Ende findet er dann doch noch ein Plätzchen.
Das auch reservieren nicht immer nutzt, wissen wir bereits. Und dass es sinnvoll ist, bei später Abreise das Schlüsselproblem zu klären, ebenso. Aber es warten weitere Unwägbarkeiten. Zwei weitere Kollegen heben Zimmer im selben Hotel gebucht. Einer war schon gleich nach Ankunft zum Hotel gefahren und hatte sein Zimmer bezogen. Der Koffer war schon geöffnet und der Toilettenbeutel zum schnellen Frischmachen lag schon auf dem Tisch.
Dann nichts wie los, die Arbeit ruft. Der zweite Kollege hatte es nicht mehr rechtzeitig zum Hotel geschafft. Also ein Anruf dort, ob man nicht den Schlüssel des einen Kollegen auf dem Zimmer des andere deponieren könne, dann gebe es am Abend keine Probleme. Ja, klar, kein Thema.
Spätabends, nach noch einem ausgiebigen Kneipenbesuch gehen beide zum Hotel, um die Schlüsselübergabe zu erledigen. Schlüssel ins Schloss der Zimmertür, doch Moment, das geht nicht. Irgendwas klemmt. Also nochmal mit Schwung. Nichts geht. Rütteln und Schieben, aber nichts bewegt sich. Aber halt. Im Zimmer ist doch wer. Nach einem kurzen Moment schließt ein etwas verschlafener Fremder die Tür von innen auf, öffnet und fragt etwas genervt, was das denn solle. Es sei sein Zimmer und die beiden sollten sich fort scheren. Aber, so meinte der so unsanft aus dem Schlummer gerissene, als er in zwei verdutzte Gesichter blickt, er könne sich erinnern, dass erst irgendwelche Dinge aus diesem Zimmer getragen wurden, bevor er es habe in Beschlag nehmen können. Gute Nacht, "Ruuumps!" - Tür zu.
Und jetzt? Zurück am Eingang hören die beiden aus dem Küchenbereich ein Rumoren. Da ist also noch wer, vom Hotel. Die Erklärung der Mitarbeiterin: "Mei, sie haben ein andere Zimmer." (Warum das so war, blieb ein Geheimnis.)
"Wann wollten sie mir das mitteilen?"
"Jetzt wissen Sie's ja."
"Und wenn wir jetzt eine halbe Stunde später erst zurückgekommen wären?"
"Dann hätten Sie Pech gehabt."
Mit dem neuen Schlüssel ging's dann zum neu zugeteilten Zimmer. Der Schlüssel passt. Auf dem Schreibtisch liegt auch wie vereinbart der Zimmerschlüssel des andere Kollegen. Der Koffer ist auch da, ebenfalls geöffnet und der Toilettenbeutel liegt exakt so an der selben Stelle des weitgehend identisch eingerichteten Zimmers wie der Kollege ihn in seinem früheren zurückgelassen hatte.
Was lernen wir daraus? Als erstes um den eigenen Zimmerschlüssel kümmern.
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